Preis der Literaturhäuser 2020

Marlene Streeruwitz

Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2020 der österreichischen Autorin und Regisseurin Marlene Streeruwitz. In Baden bei Wien geboren, studierte Marlene Streeruwitz Slawistik und Kunstgeschichte und arbeitete zunächst als Regisseurin und Autorin von Theaterstücken und Hörspielen. 1996 erschien ihr erster Roman, »Verführungen«, für den sie u.a. mit dem Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet wurde. Es folgten zahlreiche weitere Romane, darunter »Nachwelt« (1999), »Die Schmerzmacherin« (2011), »Nachkommen« (2014) und 2019 »Flammenwand», der auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis stand. Außerdem erschienen zahlreiche Essays, Erzählungen und Poetik-Vorlesungen. Marlene Streeruwitz wurde für ihr Werk mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter mit dem Literaturpreis der Stadt Wien, dem Bremer Literaturpreis und dem Franz-Nabl-Preis. Anlässlich ihres 70. Geburtstages spricht Marlene Streeruwitz im Interview mit der Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert über die Wahrnehmung ihres ersten Romans in der männlich dominierten Literaturkritik des »Literarischen Quartetts« von 1996, über Feminismus und die Arbeit an ihrem aktuellen »Covid19 Roman«, der als Corona-Fortsetzungsroman parallel zu unseren Erfahrungen literarisiert, was historisch sein wird.

Marlene Streeruwitz stellt mit ihrem vielseitigen Werk eine außerordentlich wichtige und politisch profilierte Stimme in der deutschsprachigen Literatur dar. Sie wagt sich damit immer mitten hinein in die Krisen unserer Gegenwart. An ihren zwischen zornigen Befreiungsversuchen und Selbstverlust changierenden Frauenfiguren spielt Streeruwitz verschiedenste Möglichkeiten durch, die mehr oder weniger subtilen Macht- und Gewaltstrukturen unserer Gesellschaften literarisch erfahrbar zu machen. »Seit ihrem Prosa-Debüt von 1996 erfindet Marlene Streeruwitz gealterte Bond-Girls, fragile Lehrerinnen, zähe PR-Expertinnen und kühle Security-Frauen, die sich der Anpassung verweigern, stoisch ihren Alltag durchstehen und die subtilen patriarchalen Machtsysteme aufdecken«, so die Kritikerin Maike Albath. Ihre Bücher und Texte bestechen durch die unkorrumpierbare Klugheit, mit der sie sich der jeweiligen (sozialen, politischen, kulturellen, familiären) Konstellationen annehmen und sie analytisch zerlegen – auch auf die Gefahr hin, dass nichts davon Bestand hat und übrig bleibt. Es geht der Autorin nicht um Destruktion, sondern darum, Zerstörungen als solche sichtbar zu machen und sogar, wo möglich, zu heilen.

Veranstaltungen mit Marlene Streeruwitz versprechen immer engagierte Gespräche auf hohem intellektuellem Niveau, dabei gut nachvollziehbar. Kaum jemand sonst kann so konzise und anschaulich über auch komplexe (literatur-)politische Fragen sprechen. Immer hellwach auf der Bühne, ist sie ebenso streitbar wie zugewandt und sieht genau dorthin, wo sich Literatur, Politik und Leben so verzahnen, dass es wehtut. Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren deshalb Marlene Streeruwitz als eine Autorin, die sich in besonderem Maße um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat.

Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015), Ulf Stolterfoht (2016), Terézia Mora (2017), Jaroslav Rudis (2018) und Antje Rávik Strubel (2019).