Insight Nahost – Jüngere arabische Literatur

Eine Veranstaltungsreihe von literaturhaus.net und der KfW Stiftung

Sieben Jahre nach Beginn des Arabischen Frühlings scheint vom jubelnd begrüssten Aufbruch von damals nichts mehr übrig zu sein: Syrien und Libyen versinken im (Bürger)Krieg, in Ägypten werden scharfe Zensurgesetze eingeführt, die erstarkte Kulturszene sieht sich mit zunehmender Restriktion konfrontiert. Die politischen und sozialen Verschiebungen der letzten Jahre werden in den Medien breit verfolgt, der stete Flüchtlingsstrom verbindet unsere Gesellschaften mittlerweile ganz direkt mit diesen Vorgängen. Das Interesse der Öffentlichkeit, mehr und tiefergreifende Informationen zu erhalten, einen Einblick in das Leben der Menschen hinter den Schlagzeilen zu haben, ist gross. Hier kann die Literatur viel beitragen: Sie erzählt die vielen kleinen Geschichten, die ein differenzierteres Bild ergeben.

Das Netzwerk der Literaturhäuser und die KfW Stiftung stellten in einer Veranstaltungsreihe Autorinnen und Autoren aus verschiedenen arabischen Ländern zusammen mit ausgewählten Nachwuchstalenten aus dem diesjährigen Workshop Beirut Short Stories vor. Wir wollten damit der Öffentlichkeit einen Eindruck von der Vielfalt der literarischen Arbeit in arabischen Ländern vermitteln ebenso wie den Dialog mit und das Verständnis für die Menschen in ebendiesen Ländern stärken.

(c) Foto Khaled Khalifa: Ekko von Schwichow. (c) Foto Kenan Khadaj: Ramy Alasheq

Beirut Short Stories ist ein Projekt der KfW Stiftung und des Goethe-Instituts zur Förderung des literarischen Nachwuchses im Nahen Osten. Nach zwei Jahrgängen in Kairo (Cairo Short Stories 2014 und 2015) wurde das Projekt in Beirut fortgesetzt (Beirut Short Stories 2016 und 2017), 2018 findet es in beiden Städten sowie zusätzlich in Jericho statt. Es besteht aus Schreibwerkstätten in den jeweiligen Städten für junge Talente, die unter der Leitung renommierter Schriftsteller*innen (u.a. Abbas Khider, Dima Wannous) Kurzgeschichten entwickeln. Die besten Texte werden übersetzt und auf Arabisch und Englisch auf »adda«, dem Online-Magazin der Commonwealth Foundation, veröffentlicht. Die Finalistinnen von Beirut Short Stories 2017 sind Mira Sidawi und Batoul Fahs. Sie sind eingeladen, im Rahmen von Insight Nahost ihre Kurzgeschichten zu präsentieren.

Mira Sidawi ist eine palästinensische Schauspielerin, Regisseurin und Autorin. Sie hat die Universität Libanon mit einem Theaterdiplom abgeschlossen. 2015 entstand ihr erster Film »Four Wheels Camp«. Gegenwärtig arbeitet sie an ihrem ersten Roman, welcher das Leben in einem Flüchtlingslager beschreibt, das stark an einen Irrgarten erinnert. Sie hat in verschiedenen Filmen mitgespielt und in verschiedenen Theaterstücken mitgewirkt. Mira Sidawi arbeitet außerdem an einem neuen Filmprojekt das zwischen Bour Barajani und Shatila spielt.

Batoul Fahs arbeitet und schreibt für eine Literaturzeitschrift und fürs Fernsehen, gegenwärtig vor allem für ein Programm namens »step«. Ihre Hobbies sind lesen, schreiben, wandern und die Entdeckung archäologischer Stätten. Ihr wesentliches Ziel im Leben ist die Verbreitung von Literatur und Kultur in verschiedenen Ländern, da sie glaubt, dass Kultur die Grundlage eines besseren Verständnisses zwischen den Völkern ist und somit vor allem für die Jugend wichtig

Außerdem haben wir den syrischen Autor Khaled Khalifa eingeladen, dessen Buch »Der Tod ist ein mühseliges Geschäft« gerade in deutscher Übersetzung im Rowohlt Verlag erschienen ist.

Die in Kairo lebende Basma Abdel Aziz ist eine vielfach geehrte Schriftstellerin, Bildhauerin und Psychiaterin, spezialisiert auf die Betreuung von Folteropfern. Sie kritisiert schon seit langem staatliche Unterdrückung in Ägypten und ist Autorin verschiedener Sachbücher. Ihr 2013 veröffentlichtes Debüt »Al-Tabuur« (»Die Warteschlange«) erschien 2016 auf Englisch unter dem Titel »The Queue«. 2018 wurde Basma Abdel Aziz vom Gottlieb Duttweiler Institut als eine der wesentlichen intellektuellen Stimmen der arabischen Welt bezeichnet. Basma Abdel Aziz musste Ihr Kommen leider kurzfristig absagen.

Kenan Khadaj ist Journalist, Aktivist und Verfasser literarischer Kurzgeschichten. Sein Studium der Ökonomie und Literatur in Damaskus konnte er aufgrund der politischen Situation nicht beenden. Mit dem Beginn der syrischen Revolution im Jahr 2011 arbeitete er als Journalist und schrieb für diverse syrische Zeitungen. Zugleich engagierte er sich in einem Hilfsprojekt für kriegsversehrte Kinder und Erwachsene. Mit den Zuspitzungen der Kriegshandlungen und mit einsetzender politischer Verfolgung durch das Assad-Regime (wegen einiger seiner Publikationen) musste er 2014 das Land verlassen und nach Libanon fliehen. Von dort nahm er die gefährliche Reise über die Balkanroute auf sich und floh über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Slowenien nach Deutschland. Seit Mai 2015 lebt er in Berlin.
Unmittelbar nach seiner Ankunft veröffentlichte die Zeitschrift TAZ und das Stadtsprachen-Magazin mehrere seiner journalistischen Beiträge und Publikationen. Die Literaturwerkstatt Berlin lud ihn daraufhin ein, sich am Projekt »VERSschmuggel/ reversible« zu beteiligen. Es folgten Lesungen im Rahmen des Poesiefestivals Berlin. 2016 erschienen mehrere seiner Kurzgeschichten in der Anthologie »Hier sein – Weg sein« im Secession Verlag. Kenan Khadajs Kurzgeschichte »Ich und die Wunderlampe« wird seither immer wieder von der Schauspielerin Katja Riemann auf Lesungen vorgetragen. »Es lebe der Krieg« ist sein erster Erzählband, der bisher noch nicht übersetzt wurde. Kenan Khadaj erhielt Einladungen zu Lesungen, Vorträgen im Literarischen Colloquium Berlin, zum Internationalen Literaturfestival Berlin und ins Literaturhaus Fasanenstraße.
Seit 2017 ist er Teil des Kollektivs WIESE in der Neuen Nachbarschaft Moabit und Mitgründer des Übersetzertreffs »al trifft derdiedas« von Leila Chammaa. Er arbeitet als Übersetzer aus dem Deutschen und Englischen ins Arabische. Seit Herbst 2017 studiert er Anglistik und Komparatistik an der Freien Universität Berlin.

An folgenden Tagen fanden folgende Veranstaltungen in den Literaturhäusern statt:

Literarisches Colloquium Berlin
7. Mai 2018, 19.30 Uhr
Batoul Fahs, Rasha Habbal und Kenan Khadaj
Moderation: Leila Chammaa

Literaturhaus Wiesbaden
8. Mai 2018, 19.30 Uhr
Kenan Khadaj und Batoul Fahs
Moderation: Leila Chammaa

Literaturhaus Leipzig
im Orientalischen Institut
14. Mai 2018, 19.00 Uhr
Batoul Fahs und Khaled Khalifa
Moderation: Larissa Bender

Literaturhaus Rostock
15. Mai 2018, 20.00 Uhr
Khaled Khalifa und Kenan Khadaj
Moderation: Larissa Bender

Literaturhaus Zürich
16. Mai 2018, 19.30 Uhr
Khaled Khalifa
Moderation: Larissa Bender

Literaturhaus Basel
17. Mai 2018, 19.00 Uhr
Khaled Khalifa
Moderation: Hartmut Fähndrich

Literaturhaus Stuttgart
Haußmannstraße/Ecke Achalmstraße
22. Mai 2018, 19.30 Uhr
Mira Sidawi und Widad Nabi u.a.
Moderation: Jörg Armbruste

Literarisches Zentrum Göttingen
24. Mai 2018, 20.00 Uhr
Mira Sidawi und Kenan Khadaj
Moderation: Stefan Weidner

Eine Veranstaltungsreihe des Netzwerks der Literaturhäuser in Kooperation mit der KfW Stiftung, dem Goethe Institut und dem Rowohlt Verlag.

 

 


Sehen Sie hier Fotos von einzelnen Veranstaltungen:

Kenan Khadaj am 7. Mai 2018 im LCB (c) LCB

Batoul Fahs am 7. Mai 2018 im LCB (c) LCB

Leila Chammaa (Moderation & Übersetzung), Batoul Fahs, Kenan Khadaj und Rasha Habbal am 7. Mai 2018 im LCB (c) LCB

Anna Böger (dt. Lesung), Batoul Fahs und Kenan Khadaj am 8. Mai 2018 im Literaturhaus Wiesbaden (c) Marcus Bohl

Batoul Fahs, Kenan Khadaj und Leila Chammaa (Moderation & Übersetzung) am 8. Mai 2018 im Literaturhaus Wiesbaden (c) Marcus Bohl

Anna Böger (dt. Lesung) und Batoul Fahs am 8. Mai 2018 im Literaturhaus Wiesbaden (c) Marcus Bohl

Kenan Khadaj am 8. Mai 2018 im Literaturhaus Wiesbaden (c) Marcus Bohl

Batoul Fahs, Tom Heyne (Dolmetscher), Khaled Khalifa und Larissa Bender (Moderation) am 14. Mai 2018 im Orientalischen Institut in Leipzig (c) Gaby Waldek

Batoul Fahs und Tom Heyne (Dolmetscher) am 14. Mai 2018 im Orientalischen Institut in Leipzig (c) Gaby Waldek

Batoul Fahs und Ron Helbig (dt. Lesung) am 14. Mai 2018 im Orientalischen Institut in Leipzig (c) Gaby Waldek

Khaled Khalifa am 14. Mai 2018 im Orientalischen Institut in Leipzig (c) Gaby Waldek

Khaled Khalifa und Tom Heyne (Dolmetscher) am 14. Mai 2018 im Orientalischen Institut in Leipzig (c) Gaby Waldek

Mira Sidawi am 24. Mai 2018 im Literarischen Zentrum Göttingen (c) Literarisches Zentrum Göttingen

Kenan Khadaj am 24. Mai 2018 im Literarischen Zentrum Göttingen (c) Literarisches Zentrum Göttingen

Kenan Khadaj, Stefan Weidner und Mira Sidawi am 24. Mai 2018 im Literarischen Zentrum Göttingen (c) Literarisches Zentrum Göttingen