Den Krieg stoppen können wir nicht, was wir als Kulturveranstalter machen können, ist zu informieren, einzuordnen und Stimmen hörbar zu machen.
Unter dem Titel »Читаємо для України / Lesen für die Ukraine / Reading for Ukraine« richtet die Europa-Universität Viadrina jeden Mittwoch ab 18.00 Uhr Mahnlesungen aus. Bei den nächsten Terminen wird unter anderem aus »Dichter noch dichter« des 2009 verstorbenen Lyrikers, Essayisten und Konzeptkünstlers Nazar Hončar gelesen. Ebenfalls finden Beispiele hebräischer Lyrik sowie Erzählungen des jiddischen Schriftstellers Pinchas Kahanowitsch, der unter dem Pseudonym Der Nister publizierte, Raum.
An je einem Mittwochabend im April, Mai und Juni 2022 lädt das Literaturhaus München ein zu drei Abenden zu der aktuellen Situation in der Ukraine: Wie ergeht es Kultur und Wissenschaft im Krieg? Wie verändern sich gerade Arbeitsfelder und individuelle Biographien? Wir sprechen mit Leiter*innen von Institutionen und Verlagen, mit Übersetzer*innen und mit Wissenschaftler*innen: Wie können Kulturhäuser unter solch schwierigen Bedingungen weiterarbeiten, welches sind die Bedürfnisse und möglichen Perspektiven? Wie wirkt sich die aktuelle Situation auf die Übersetzer*innen und ihre Arbeit aus? Wie steht es in der Ukraine um die Zukunft wissenschaftlicher Lehre und Forschung, und vor welchen Herausforderungen steht die Osteuropawissenschaft in der Schweiz? Die eingeladenen Gäste sind teils in der Ukraine, teils vor Ort in der Schweiz – im gemeinsamen Gespräch versuchen wir eine Bestandesaufnahme und einen suchenden Blick in die Zukunft.
Mittwoch, 27. April 2022, 19.30 Uhr
Kulturvermittler*innen und der Krieg
Evgenia Lopata leitet das Literaturfestival Meridian in Czernowitz und den gleichnamigen Verlag, sie lebt in Czernowitz. In den letzten Jahren hat sie viele Lesereisen ukrainischer Autor*innen im deutschen Sprachraum organisiert.
Kateryna Mishchenko ist Schriftstellerin, Verlegerin und Übersetzerin. Sie war Herausgeberin von »Prostory«, einer Zeitschrift für Kunst, Literatur und Gesellschaftskritik, und ist Mitbegründerin und Herausgeberin des ukrainischen Verlags Medusa in Kiew. Seit einigen Wochen ist sie in Berlin.
Kateryna Botanova wird von der Bühne des Literaturhauses aus mit ihnen sprechen: Die ukrainische Kuratorin, Kulturkritikerin und Autorin lebt seit einigen Jahren in Basel, seit 2014 ist sie Ko-Kuratorin des Festivals Culturescapes.
Mittwoch, 18. Mai 2022, 19.30 Uhr
Übersetzer*innen und der Krieg
Jurko Prochasko ist Literaturwissenschaftler, Psychoanalytiker, Autor und Übersetzer (u. a. von Kleist, Kafka, Rilke, Freud und Musil) und ein wichtiger kultureller Vermittler zwischen der Ukraine und dem deutschsprachigen Raum. Er lebt in Lviv.
Iryna Herasimovich ist Übersetzerin zahlreicher deutschsprachiger Autor*innen ins Belarussische. Sie arbeitet auch als Dramaturgin und Kuratorin im Bereich bildende Kunst und ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Seit 2021 ist sie Doktorandin am Slavischen Seminar der Uni Zürich. Dorothea Trottenberg ist eine der profiliertesten Übersetzerinnen klassischer und zeitgenössischer russischer Literatur, unter anderem von Michail Bulgakov, Vladimir Sorokin und Ivan Bunin.
Mittwoch, 22. Juni 2022, 19.30 Uhr
Wissenschaftler*innen und der Krieg
Olha Martynyuk ist eine ukrainische Historikerin, sie dissertierte zum russischen Nationalismus und studierte ukrainische und mitteleuropäische Geschichte in Kiew und Budapest. Bis vor Kurzem unterrichtete sie an der Nationalen Technischen Universität in Kiew, vergangenes Jahr schloss sie ihren Postdoc in Geschichte an der Universität Basel ab. Seit Anfang März ist sie in Basel.
Sylvia Sasse führt das Gespräch. Sie lehrt Slavische Literaturwissenschaft an der Universität Zürich und ist Mitbegründerin und Mitglied des Zentrums Künste und Kulturtheorie (ZKK) sowie Herausgeberin der Online-Magazine »novinki« und »Geschichte der Gegenwart«.
Am 4. April 2022 gestaltet das Literaturhaus Hamburg in Kooperation mit den Hamburger Buchhandlungen eine Benefizlesung zugunsten ukrainischer Literaturschaffender. Die Veranstaltung ist sowohl im Saal als auch im Stream mitzuverfolgen.
»Ich weiß nicht, ob ich Kiew je wiedersehen werde. Und was dann noch übrig sein wird von dem, was es einst war.« Dmitrij Kapitelman
Seit dem 24. Februar 2022 ist unsere Welt eine andere. Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat die Grundfesten unserer Demokratie ins Wanken gebracht, Ängste geschürt, Prioritäten verschoben, aber auch eine enorme Hilfsbereitschaft im ganzen Land ausgelöst. Täglich finden in Hamburg Benefizveranstaltungen und Solidaritätsbekundungen statt. Die Hamburger Literaturszene wird nicht abseits stehen. Auf Einladung des Literaturhauses und des Bücherecks Niendorf Nord lesen bekannte Hamburger Autorinnen und Autoren, diesmal nicht aus eigenen Werken, sondern aus denen ihrer Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine: Kristine Bilkau liest aus »Glückliche Fälle« von Yevgenia Belorusets (Übersetzung: Claudia Dathe), Isabel Bogdan liest aus Natascha Wodins »Sie kam aus Mariupol«, Jens Eisel liest aus Serhij Zhadans »Mesopotamien« (Übersetzung: Claudia Dathe, Juri Durkot und Sabine Stöhr), Andreas Moster liest aus »Tschernobyl – Eine Chronik der Zukunft« der Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch (Übersetzung: Ingeborg Kolinko und Ganna-Maria Braungardt), Stephan Orth aus »Eine Formalie in Kiew« von Dmitrij Kapitelman. Und Louise Brown liest aus ihrem Buch »Was bleibt, wenn wir sterben«, in dem es um Trauer und Resilienz von Menschen mit Kriegserfahrungen geht.
Die Gelder aus Eintritt, Bücherverkauf und Spenden gehen an #artistsinshelter, eine Initiative zur Unterstützung ukrainischer Literaturschaffender. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Website von translit e.V.
Moderation: Julia Westlake
Am 15. März 2022 drückt das Literaturhaus Basel zusammen mit dem Stadtkino Basel in einer Melange aus Gespräch und Filmvorführung den Menschen in der Ukraine seine Solidarität aus.
Es findet ein Gespräch zwischen Frithjof Benjamin Schenk, Professor für Osteuropäische Geschichte, und den beiden Schriftsteller*innen Mikhail Shiskin und Katja Petrowskaja (zugeschaltet; angefragt) statt. Moderation: Anna Hodel, Vertretung der Professur Slavistik der Universität Basel. Im Anschluss wird der Film »Maidan« (2014) des weissrussisch-ukrainischen Filmemachers Sergei Loznitsa gezeigt. Es handelt sich um ein Zeitdokument, das nah bei den Menschen ist. Loznitsa führt in seinem Dokumentarfilm den friedlichen zivilen Aufstand auf dem Maidan-Platz in Kiev in der Zeit vom 21. November 2013 bis zum 20. Februar 2014 vor. Die demonstrierenden Menschen fordern die Absetzung ihres Präsidenten Janukowitsch, sie wehren sich gegen russischen Machteinfluss, gegen Korruption und Geldgier. Sie wollen eine eigenständige Ukraine und ein besseres Leben. Loznitsa beobachtet aus einer zurückhaltenden Distanz: die Proteste, ihre Niederschlagung, die Trauer um Gefallene, eine erwachende Nation. Es geht nicht um einzelne Held:innen, sondern genau um die Bevölkerung, die heute einem brutalen Krieg ausgesetzt ist, und mit der wir uns solidarisieren möchten.
Die Eintritte von je CHF 15 werden vollumfänglich für humanitäre Hilfe in der Ukraine gespendet.
Eine Solidaritätsveranstaltung richtet auch das Literaturhaus Stuttgart – im Saal und im Stream – am 14. März 2022 aus:
Einordnen 19.00 – 19.45 Uhr
Zu Beginn sprechen der Historiker Karl Schlögel, der seit Jahrzehnten über Mittel- und Osteuropa schreibt, und der ehemalige Russlandkorrespondent des »SPIEGEL«, Christian Neef, der auf die Ukraine spezialisiert ist. Moderiert wird das Gespräch von Volker Weichsel, der als Redakteur bei der Zeitschrift »Osteuropa« arbeitet. Kurzlesungen aus Texten von: Serhij Zhadan und Tanja Maljartschuk
Schreiben 20.00 – 20.45 Uhr
Im Anschluss werden Tanja Maljartschuk, eine ukrainische Schriftstellerin, die seit einigen Jahren in Wien lebt, die belarussischen Autoren Viktor Martinowitsch, dessen Text »Revolution« in Belarus faktisch verboten wurde, und Sasha Filipenko, der zurzeit in der Schweiz lebt, mit Katharina Raabe sprechen, der Lektorin des Suhrkamp Verlags und Vermittlerin ukrainischer Literatur für den deutschsprachigen Raum. Die Moderation übernimmt Schamma Schahadat, Professorin für Slawistik an der Universität Tübingen. Kurzlesungen aus Texten von: Viktor Martinowitsch und Sasha Filipenko
Handeln 21.00 – 21.45 Uhr
Zum Abschluss treten Oxana Matiychuk, die Leiterin der Ukrainisch-Deutschen Kulturgesellschaft Czernowitz, die gegenwärtig ein Tagebuch aus ihrer Stadt für die Süddeutsche Zeitung schreibt, und Kateryna Stetsevych, Referentin für Mittel- und Osteuropa der Bundeszentrale für politische Bildung, in Dialog mit Gitte Zschoch, der Generalsekretärin des ifa, und Kateryna Mishchenko, Verlegerin und Publizistin aus Kiew. Das Gespräch leitet Claudia Dathe, die als Literaturübersetzerin aus dem Ukrainischen arbeitet. Kurzlesungen aus Texten von: Valzhyna Mort und Katja Petrowskaja
Eintritt frei. Ihr kostenloses Saalticket erhalten Sie in der Buchhandlung & Büchergilde im Literaturhaus Stuttgart oder unter www.literaturhaus-stuttgart.de.
Livestream auf www.literaturhaus-stuttgart.de, www.bpb.de/ukraine-im-krieg und https://vimeo.com/683720956
Weitere Informationen und Möglichkeiten zu spenden: https://ukraineverstehen.de/unterstuetzung-fuer-die-ukraine/
Am 12. März 2022 veranstaltet das Literaturhaus München einen Abend u.a. mit Oksana Sabuschko und Alexander Kratchovil und gibt damit dem Appell »Glauben Sie an unsere Tapferkeit« ein Gesicht.
Oksana Sabuschko ist eine der bedeutendsten Autorinnen der Ukraine. 1996 erschien ihr Debüt »Feldstudien über ukrainischen Sex«, mit dem sie berühmt wurde. Ihr 2009 in Kiew und im Jahr darauf in deutscher Übersetzung veröffentlichter Roman »Museum der vergessenen Geheimnisse« (Droschl Verlag; Übersetzung ins Deutsche: Alexander Kratochvil), führte die ukrainischen Bestsellerlisten an. In ihren Essays »Planet Wermut« (2012) und »Der lange Abschied von der Angst« (2018) nimmt sie Stellung zu Politik und Geschichte ihres Landes – klug, kritisch, pointiert. Sie gehörte im Dezember 2016 zu den Unterzeichnern des Aufrufs des Internationalen Literaturfestivals Berlin »Schluss mit dem Massenmord in Aleppo!«, der sich gegen den »Bombenkrieg des russischen Präsidenten Putin in der syrischen Stadt Aleppo« wendete. Die deutsche Lesung übernimmt an jenem Abend: Annette Paulmann (Münchner Kammerspiele).
Die Veranstaltung steht sowohl Saalpublikum als auch digitalem Publikum offen.
Spendenkonto der Landeshauptstadt München zur Unterstützung der Menschen in der Ukraine und der Partnerstadt Kiew: Stadtsparkasse München, IBAN DE86 7015 0000 0000 2030 00, Verwendungszweck »Solidarität Ukraine«
Am Sonntag, den 6. März, erheben Kölner Autorinnen und Autoren ihre Stimmen für den Frieden in der Ukraine und für die Demokratie. Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Gelesen wird aus Texten von: Jurij Andruchowytsch, Dmitrij Kapitelman, Andrej Kurkow, Tanja Maljartschuk, Katja Petrowskaja, Oksana Sabuschko, Zanna Sloniowska, Iryna Vikyrchak, Natascha Wodin, Serhij Zhadan u. a. Es treten auf: Andrea Badey, Christoph Danne, Yannic Han Biao Federer, Joachim Geil, Anke Glasmacher, Janko Hanushevsky, Roswitha Haring, Juliana Kálnay, Peter Licht, Lubomyr Melnyk (Musik, via Einspielung), Melanie Raabe, Peter Rosenthal, Anna Sarvira mit André Patten, Simone Scharbert, Günter Wallraff und Gerrit Wustmann.
Die Veranstaltung findet in Präsenz statt und wird außerdem live gestreamt.
Tickets im Vorverkauf über tickets.qultor.de.
Eintritt: 10,- €, um Spenden wird gebeten
Spendenkonto Literaturhaus Köln: IBAN: DE35 3705 0198 0022 4529 57, Stichwort »Ukraine«
Eintrittsgelder und Spenden werden über eine souveräne Organisation an notleidende Ukrainer*innen weitergegeben.