Flucht und Exil

Flucht und Exil sind Grundthemen der Literatur, welche immer auch Spiegel des Zeitgeschehens ist.

»So gehöre ich nirgends mehr hin, überall Fremder und bestenfalls Gast; auch die eigentliche Heimat, die mein Herz sich erwählt, Europa, ist mir verloren.«
Stefan Zweig: Die Welt von gestern., 1942

Refugees welcome so heißt es vielerorts in Europa zur Zeit – oder es wird darüber diskutiert, ob sie willkommen sind. Flucht und Exil sind Grundthemen der Literatur, welche immer auch Spiegel des Zeitgeschehens ist. Deshalb, und weil uns das Schicksal der Flüchtlinge alle etwas angeht, findet sich das Thema Flucht & Exil auch in den Programmen der Literaturhäuser wieder.

Anfang 2015 fand im Literaturhaus Stuttgart eine Reihe mit »Flüchtlingsgesprächen« statt, im Kölner Literaturhaus gab es am Weltflüchtlingstag einen Mittagstisch für schreibende und übersetzende Kolleginnen und Kollegen, die aufgrund der Situation in ihrem Land als Flüchtlinge nach Köln oder in die Region gekommen sind. Das Literaturhaus Hamburg war Partner einer Benefizlesung u.a. mit Isabel Bogdan, Nina George, Karen Köhler, Saša Stanišić, der Einnahmen »pro asyl« zugutekamen.

Weitere Veranstaltungen:

Dienstag, 8. November 2016, Literaturhaus Stuttgart
Dorit Rabinyan liest aus »Wir sehen uns am Meer« und erzählt damit von der unmöglichen Liebe zwischen einer Jüdin und einem Palästinenser. In der Heimat hätten sie sich nie kennengelernt, aber durch einen Zufall treffen die Israelin Liat und der Palästinenser Chilmi in New York aufeinander und verlieben sich. Liat kämpft mit sich, denn weder ihre Eltern noch ihre jüdischen New Yorker Freunde dürfen von der Beziehung erfahren, die ein klares Enddatum hat: Wenn Liat zurück nach Israel geht, ist Schluss. Doch Gefühle lassen sich nicht einfach abstellen, und die Herkunft der beiden sowie die Perspektivlosigkeit belasten ihre Gegenwart – eine Zukunft scheint unmöglich. Gibt es einen Ausweg, oder ist das private Glück vor dem Hintergrund des Konflikts der beiden Völker unmöglich? Das Buch wurde von der israelischen Erziehungsministerin im Januar dieses Jahres von der Lektüreliste der Oberstufe gestrichen, was auch in Deutschland ein starkes Presseecho hervorrief.
In Zusammenarbeit mit den jüdischen Kulturwochen Stuttgart

Donnerstag, 6. Oktober 2016, Literaturhaus Berlin
Veranstaltungsreihe: »Fremdheit. Flucht. Angst. Aufbruchsphantasie. Was erzählt uns die Literatur darüber?«
Das 20. Jahrhundert ist ein Jahrhundert massenhafter Fluchtbewegungen unvorstellbaren Ausmaßes. Zugleich verkörpert dieses Jahrhundert eine Zeit der Aufbrüche, der mit Neugierde und Phantasie betriebenen freiwilligen Flucht in andere, vermeintlich exotische Welten. In der siebenteiligen Veranstaltungsreihe kommen europäische und außereuropäische Schriftsteller zu Wort. Lesungen und Vorträge wechseln einander ab. Sie erzählen von ihren entweder freiwillig unternommenen Reisen und ihren Aufbruchsphantasien oder ihrer aus Not erfolgten Flucht nach Europa. Gibt es Ansatzpunkte, um die Lust aufs Reisen wieder zu wecken – im Spannungsfeld des ethnologisch-politischen Blicks und des Festhaltens an der Poesie, Schönheit und Phantasie? Ist das Ereignis des Unterwegsseins, sind Kosmopolitismus und globalisierte Welt auch jetzt noch als selbstbestimmtes Abenteuer denkbar, ein Abenteuer, das dem Hass und der Gewalt, der Dummheit und dem despotischen Wahn trotzt?
Thema am 6. Oktober: Reisen und Schreiben. Hans-Christoph Buch und Michael Roes sprechen über ihre Bücher »Elf Arten, das Eis zu brechen« und »Leeres Viertel«. Das Werk der beiden Schriftsteller ist zutiefst geprägt von der Auseinandersetzung mit dem Fremden, anderen kulturellen Verhältnissen und Traditionen, von der Neugierde auf andere Kulturen bis hin zum journalistischen Interesse an dramatischen Ereignissen – Kriegen, Revolutionen, Aufständen …

Dienstag, 4. Oktober 2016, Literaturhaus Salzburg
Norman Manea liest aus »Wir sind alle im Exil«.
Seit dreißig Jahren lebt Norman Manea im Exil. Der große Zeitzeuge der faschistischen und der kommunistischen Diktatur Rumäniens hat die Widersprüche eines Lebens zwischen Ost und West und die Frage nach der jüdischen Identität nicht nur in seinem literarischen Werk behandelt, – er hat sie auch fortlaufend essayistisch kommentiert. Am Beispiel seiner eigenen Erfahrungen und der Auseinandersetzung mit Werken anderer Autoren erkundet er den Zusammenhang von Exil, Sprache und Schreiben: »Die Sprache ist die Plazenta des Schriftstellers, dieses Exilanten par excellence.«

Sonntag, 25. September 2016, Literaturhaus Wiesbaden
»Vom Weggehen und Ankommen« – Neue literarische Reihe des Literaturhauses Villa Clementine in Wiesbaden über Flucht, Fremde und Heimat.
Die konzeptionelle Reihe reagiert auf die sich rasant verändernde weltpolitische Lage und gibt anhand verschiedener literarische Werke Einblick in das Leben von Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten und in einem fremden Land und einer anderen Kultur neu ankommen. Was kann man aus seiner Heimat mitnehmen und wieviel muss man loslassen, um in der Fremde neu beginnen zu können? Was bedeutet und wie verändert sich der Begriff Heimat dadurch? Den ersten Programmblock eröffnet die Veranstaltung am 25. September 2016 um 19.30 Uhr: »Wenn kein Abend dich kennt« – Geschichten über das Fremdsein, szenisch – musikalische Lesung mit Dirk Schäfer, Ellen Dorn und Bettina Rohrbeck am Klavier. Es folgen:

  • Mittwoch, 28. September 2016, 19.30 Uhr: Eberhard Rathgeb liest »Am Anfang war Heimat – Auf den Spuren eines deutschen Gefühls«, Moderation: Jürgen Kaube
  • Donnerstag, 10. November 2016, 19.30 Uhr: Birgit Weyhe stellt ihre Graphic Novel »Madgermanes« vor. Moderation: Andreas Platthaus
  • Donnerstag, 1. Dezember 2016, 19.30 Uhr: Pierre Jarawan liest »Am Ende bleiben die Zedern«

Montag, 6.6.2016, 20.00 Uhr, Literaturhaus Basel
»Welches Land wollen wir sein?«
Das Flüchtlingsthema ebenso wie die terroristische Bedrohung treffen Europa und seine Staaten in ihrem Selbstverständnis und ihrer Identität. Innenpolitische Debatten mobilisieren bei uns breite Wählerschichten. Wie geht es weiter? Welche Gesellschaft wollen wir sein? Wollen wir eine offene Gesellschaft sein, geleitet von Freiheits- und Menschenrechtsidealen, oder eine exklusive Gesellschaft, die ihre Identität vor gefühlten äusseren Bedrohungen sichert? Was sind wir bereit, dafür zu tun? In Deutschland finden seit November in allen grösseren Städten solche Diskussionen statt. Nun auch in Basel.

Die Themenreihe wird fortgesetzt.