Literarische Figur wie zeitgenössischer Betrüger beherrschen das Spiel mit der Täuschung bis zur Perfektion. Beide sind nicht zu trennen von ihrer Zeit und ihrer Gesellschaft, von den Bühnen der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, den Räumen des Privaten. Und sie begegnen uns in schillernden Farben: Was sie vorgeben zu sein und was sie sind, dazwischen entsteht Raum – der oft kriminell, aber auch kreativ, subversiv, originell gefüllt wird. Bringt eine leistungsorientierte Gesellschaft, in der beruflicher wie privater Erfolg als höchstes Ziel gelten, auf besondere Weise Formen des Täuschens, des Inszenierens und des Bluffs hervor? Müssen heute alle bluffen, um überhaupt voran zu kommen auf der Karriereleiter zum Erfolg oder in der Erfüllung privater Wünsche? Angefangen von der Optimierung des eigenen Lebenslaufs im Bewerbungsverfahren bis hin zu falschen Identitäten, die eine erfolgreiche Fassade vortäuschen – die Spannweite der inszenierten Selbstoptimierung von der kleinen Lüge bis zum großen Verbrechen ist weit. Falsche Titel, berufliche Betrüger, Erbschleicher, falsche Ehegatten und fahrlässige Finanzjongleure: Täuschungen haben viele Gesichter. Gerade im Netz lässt sich Identität beliebig inszenieren. Die neuen Medien bieten für jeden eine große Bühne für das Spiel mit dem Ich, für Camouflagen jeglicher Art.
Das Festival des Hochstapelns lädt Schriftsteller/-innen, Wissenschaftler/-innen, Künstler/-innen und Journalist/-innen ins Literaturhaus Stuttgart ein und beleuchtet mit ihnen die Zwiespältigkeit und Doppelbödigkeit der Hochstapelei und Täuschung in Literatur, Kunst, Geschichte und Gegenwart.
Ein Einblick in das Festivalprogramm:
- Donnerstag, 22. September: »Die Hochstapler«. Ein Dokumentartfilm von Alexander Adolph, anschließend Filmgespräch mit dem Regisseur
- Freitag, 23. September: Saša Stanišić liest aus »Fallensteller«, Thomas Meinecke spricht mit Angela Steidele über liebesschwindelerregte Zustände und Bücher, mit Andreas Vogel über geklaute Melodien
- Samstag, 24. September: Ausstellungseröffnung zu »Dear Clark. Studie eines Hochstaplers« der mit Collagen arbeitenden Künstlerin Sara-Lena Maierhofer, darüberhinaus: ein Fotofälschungsstudio, ein Gespräch zu Felix Krulls Erben, vorgetragene Identitätskorrektur zur Weltrettung mit »The Yes Men« und eine Lesung von Kathrin Röggla und Thomas Macho zum Thema »Normalverdiener und Größenwahn«
- Sonntag, 25. September: Mimikry – ein Mitmachspielenachmittag der Literaturfälscherei, Debatten zum Ghostwriting in der Wissenschaft, eine Lesung von Aleš Šteger und Theresa Präauer zum Thema »Schöner Schein«, ferner Gespräche mit César Aira über »Falsche Fährten«, mit Felicitas Hoppe und Erika Tophoven zur Wahrnehmung »Hinter Gittern und im Rampenlicht« sowie eine szenische Darbietung von Hochstaplertexte durch Robert Stadlober
Ebenfalls wissenswert:
- Eintrittspreise: 10,-/8,-/5,- Euro pro Einzelveranstaltung oder 30,-/20,-/15,- Euro als Festivalpass
- filmisches Begleitprogramm, u.a. mit »Catch me if you can« und »Nur die Sonne war Zeuge«
- gefördert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, von der Bundeszentrale für politische Bildung, der Robert Bosch Stiftung, dem Arthaus Kino atelier am bollwerk und dem Deutsch-Amerikanischen Zentrum Stuttgart
Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des Literaturhauses Stuttgart.