Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2021 dem Autor Ingo Schulze. 1962 in Dresden geboren, studierte Ingo Schulze klassische Philologie in Jena und arbeitete zunächst als Schauspieldramaturg und Zeitungsredakteur. 1995 erschien sein erstes Buch »33 Augenblicke des Glücks«, es folgten zahlreiche weitere Romane, Erzählungen, Essays und Reden, darunter »Simple Storys« (1998), »Neue Leben« (2005), »Adam und Evelyn« (2008) und »Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst« (2017). Zuletzt erschien sein Roman »Die rechtschaffenen Mörder« (2020), der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war. Ingo Schulze wurde für sein Werk mit zahlreichen, auch internationalen Preisen geehrt sowie im Oktober 2020 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für sein Engagement als politischer Autor und Künstler ausgezeichnet.
Es ist vor allem die Zeit der DDR, die Wendezeit und Nachwendezeit, die Ingo Schulze literarisch in seinen Büchern bearbeitet. Er beschreibt dabei weder die DDR als idyllisches Nest, noch setzt er das westdeutsche Gegenüber leuchtend in Szene. Seine Literatur ist vielmehr als Einladung zu verstehen, sich auf ein Lesen und Denken zwischen Entwirrung und abermaliger Verwirrung einzulassen, gelegten Fährten zu folgen, Mehrdeutigkeiten zuzulassen und auszuhalten, um am Ende im Zweifelsfall alles noch einmal neu zu befragen – und das lesende Selbst sowieso. Seine literarische Verarbeitung der DDR setzt er dabei immer auch ins Verhältnis zur Gegenwart, zum ungebremsten und entsolidarisierten globalen Kapitalismus. Wer wir sind, woher wir kommen, wie wir erinnern und wohin wir steuern, all das ist bei Schulze nicht enggeführt auf den Kosmos BRD/DDR, sondern übertragbar und hochaktuell für unser Mit-, Neben- und Gegeneinander in Europa und in der Welt.
Bei Veranstaltungen mit Ingo Schulze auf der Bühne vermitteln sich diese Lust an der Sprache und am Spiel und seine Liebe zu den Figuren und ihren Verstrickungen unmittelbar. Ingo Schulze zieht in der ihm eigenen Begeisterungsfähigkeit das Publikum schon nach wenigen Minuten in seine literarischen Räume. Er vermittelt seine Gedanken und Überlegungen zur Literatur und den zugrunde liegenden Schreibhaltungen und Erzählmotivationen anschaulich wie charmant – und immer auf den Punkt. In Zeiten affektiver Zuspitzung und Gereiztheit ist Ingo Schulze nicht zuletzt auch durch seine ausgeprägten integrativen Fähigkeiten literarisch wie auch auf der Bühne, im Gespräch, sowie durch seine Erfahrungen und sein gelebtes Leben unser Preisträger 2021! Das Netzwerk der Literaturhäuser und seine Programmleiter*innen gratulieren ihm von Herzen zum 20. Preis der Literaturhäuser.
Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015), Ulf Stolterfoht (2016), Terézia Mora (2017), Jaroslav Rudis (2018), Antje Rávik Strubel (2019) und Marlene Streeruwitz (2020).