Preis der Literaturhäuser 2024

Fiston Mwanza Mujila, 1981 in Lubumbahi (Kongo) geboren, lebt und arbeitet seit Jahren in Graz, schreibt Lyrik, Prosa und Theaterstücke und unterrichtet Literaturen afrikanischer Länder an der Universität Graz. Für seinen 2016 erschienenen Debütroman „Tram 83“ erhielt er zahlreiche Preise, darunter den Internationalen Literaturpreis – Haus der Kulturen der Welt. Zuletzt erschien 2022 „Tanz der Teufel“. Beide Romane erschienen, übersetzt von Katharina Meyer und Lena Müller, bei Zsolnay.

In seinen Romanen holt Fiston Mwanza Mujila afrikanisches (Großstadt-)Leben in den Text – einmal ist es der legendäre Club „Tram 83“, das andere Mal sind es u.a. Minen, in denen Menschen unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. Es geht um Chaos, Krieg und Diktatur – und das (Über-)Leben der Menschen. Die Texte sind durchzogen von Rhythmus und Musik, und auch seine Bühnenauftritte sind aufsehenerregend: Er liest seine Texte, er lebt sie, schreit, ruft, lamentiert, flüstert oder singt. Zugleich gibt er klug und zugewandt Auskunft über sein Schreiben, sucht das Gespräch und den Austausch – und vermag das Publikum in kurzer Zeit für sich zu gewinnen.

Die Programmleiter*innen der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Fiston Mwanza Mujila als Autor, der sich in hohem Maße um den einmaligen Charakter von Literaturveranstaltungen verdient macht und gratulieren sehr herzlich.

Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und wurde im Rahmen einer Veranstaltung auf der Leipziger Buchmesse verliehen. Die Laudatio hielt Anne Weber.

Der Autor wird zu Veranstaltungen in den Literaturhäusern zu Gast sein:

  • 10. April 2024 Literarisches Zentrum Göttingen
  • 11. April 2024 Literaturhaus Zürich
  • 17. April 2024 Literaturhaus Wiesbaden
  • 18. April 2024 Literaturhaus Frankfurt am Main
  • 22. April 2024 Literaturhaus Wien
  • 26. April 2024 Literaturhaus Salzburg
  • 17. Juni 2024 Literaturhaus München
  • 1. Juli 2024 Literarisches Colloquium Berlin

Sonderpreis des Netzwerks 2024

Die Slawistin und Übersetzerin Claudia Dathe, geboren 1971, erhält 2024 erstmals einen Sonderpreis des Netzwerks der Literaturhäuser. Die Programmleiter*innen der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren sie damit für ihre herausragenden Übersetzungen aus dem Ukrainischen und Russischen, etwa von Serhij Zhadan, Yevgenia Belorusets oder Tanja Maljartschuk, vor allem aber für die ebenso kenntnisreiche wie engagierte Vermittlung der ukrainischen Kultur, insbesondere der Literatur, im gesamten deutschsprachigen Raum. Hauptberuflich tätig als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, so gehört sie spätestens seit der russländischen Annexion der Krim 2014 zu den aktivsten Organisator*innen vielfältiger Veranstaltungen zur ukrainischen Gegenwartsliteratur.

Der Preis ist mit 7.500 Euro dotiert. Der Termin für die Preisverleihung wird noch bekannt gegeben.

Preis der Literaturhäuser 2021

Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2021 dem Autor Ingo Schulze. 1962 in Dresden geboren, studierte Ingo Schulze klassische Philologie in Jena und arbeitete zunächst als Schauspieldramaturg und Zeitungsredakteur. 1995 erschien sein erstes Buch »33 Augenblicke des Glücks«, es folgten zahlreiche weitere Romane, Erzählungen, Essays und Reden, darunter »Simple Storys« (1998), »Neue Leben« (2005), »Adam und Evelyn« (2008) und »Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst« (2017). Zuletzt erschien sein Roman »Die rechtschaffenen Mörder« (2020), der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war. Ingo Schulze wurde für sein Werk mit zahlreichen, auch internationalen Preisen geehrt sowie im Oktober 2020 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für sein Engagement als politischer Autor und Künstler ausgezeichnet.

Es ist vor allem die Zeit der DDR, die Wendezeit und Nachwendezeit, die Ingo Schulze literarisch in seinen Büchern bearbeitet. Er beschreibt dabei weder die DDR als idyllisches Nest, noch setzt er das westdeutsche Gegenüber leuchtend in Szene. Seine Literatur ist vielmehr als Einladung zu verstehen, sich auf ein Lesen und Denken zwischen Entwirrung und abermaliger Verwirrung einzulassen, gelegten Fährten zu folgen, Mehrdeutigkeiten zuzulassen und auszuhalten, um am Ende im Zweifelsfall alles noch einmal neu zu befragen – und das lesende Selbst sowieso. Seine literarische Verarbeitung der DDR setzt er dabei immer auch ins Verhältnis zur Gegenwart, zum ungebremsten und entsolidarisierten globalen Kapitalismus. Wer wir sind, woher wir kommen, wie wir erinnern und wohin wir steuern, all das ist bei Schulze nicht enggeführt auf den Kosmos BRD/DDR, sondern übertragbar und hochaktuell für unser Mit-, Neben- und Gegeneinander in Europa und in der Welt.

Bei Veranstaltungen mit Ingo Schulze auf der Bühne vermitteln sich diese Lust an der Sprache und am Spiel und seine Liebe zu den Figuren und ihren Verstrickungen unmittelbar. Ingo Schulze zieht in der ihm eigenen Begeisterungsfähigkeit das Publikum schon nach wenigen Minuten in seine literarischen Räume. Er vermittelt seine Gedanken und Überlegungen zur Literatur und den zugrunde liegenden Schreibhaltungen und Erzählmotivationen anschaulich wie charmant – und immer auf den Punkt. In Zeiten affektiver Zuspitzung und Gereiztheit ist Ingo Schulze nicht zuletzt auch durch seine ausgeprägten integrativen Fähigkeiten literarisch wie auch auf der Bühne, im Gespräch, sowie durch seine Erfahrungen und sein gelebtes Leben unser Preisträger 2021! Das Netzwerk der Literaturhäuser und seine Programmleiter*innen gratulieren ihm von Herzen zum 20. Preis der Literaturhäuser.

Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015), Ulf Stolterfoht (2016), Terézia Mora (2017), Jaroslav Rudis (2018), Antje Rávik Strubel (2019) und Marlene Streeruwitz (2020).

Preis der Literaturhäuser 2020

Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2020 der österreichischen Autorin und Regisseurin Marlene Streeruwitz. In Baden bei Wien geboren, studierte Marlene Streeruwitz Slawistik und Kunstgeschichte und arbeitete zunächst als Regisseurin und Autorin von Theaterstücken und Hörspielen. 1996 erschien ihr erster Roman, »Verführungen«, für den sie u.a. mit dem Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet wurde. Es folgten zahlreiche weitere Romane, darunter »Nachwelt« (1999), »Die Schmerzmacherin« (2011), »Nachkommen« (2014) und 2019 »Flammenwand», der auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis stand. Außerdem erschienen zahlreiche Essays, Erzählungen und Poetik-Vorlesungen. Marlene Streeruwitz wurde für ihr Werk mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter mit dem Literaturpreis der Stadt Wien, dem Bremer Literaturpreis und dem Franz-Nabl-Preis. Anlässlich ihres 70. Geburtstages spricht Marlene Streeruwitz im Interview mit der Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert über die Wahrnehmung ihres ersten Romans in der männlich dominierten Literaturkritik des »Literarischen Quartetts« von 1996, über Feminismus und die Arbeit an ihrem aktuellen »Covid19 Roman«, der als Corona-Fortsetzungsroman parallel zu unseren Erfahrungen literarisiert, was historisch sein wird.

Marlene Streeruwitz stellt mit ihrem vielseitigen Werk eine außerordentlich wichtige und politisch profilierte Stimme in der deutschsprachigen Literatur dar. Sie wagt sich damit immer mitten hinein in die Krisen unserer Gegenwart. An ihren zwischen zornigen Befreiungsversuchen und Selbstverlust changierenden Frauenfiguren spielt Streeruwitz verschiedenste Möglichkeiten durch, die mehr oder weniger subtilen Macht- und Gewaltstrukturen unserer Gesellschaften literarisch erfahrbar zu machen. »Seit ihrem Prosa-Debüt von 1996 erfindet Marlene Streeruwitz gealterte Bond-Girls, fragile Lehrerinnen, zähe PR-Expertinnen und kühle Security-Frauen, die sich der Anpassung verweigern, stoisch ihren Alltag durchstehen und die subtilen patriarchalen Machtsysteme aufdecken«, so die Kritikerin Maike Albath. Ihre Bücher und Texte bestechen durch die unkorrumpierbare Klugheit, mit der sie sich der jeweiligen (sozialen, politischen, kulturellen, familiären) Konstellationen annehmen und sie analytisch zerlegen – auch auf die Gefahr hin, dass nichts davon Bestand hat und übrig bleibt. Es geht der Autorin nicht um Destruktion, sondern darum, Zerstörungen als solche sichtbar zu machen und sogar, wo möglich, zu heilen.

Veranstaltungen mit Marlene Streeruwitz versprechen immer engagierte Gespräche auf hohem intellektuellem Niveau, dabei gut nachvollziehbar. Kaum jemand sonst kann so konzise und anschaulich über auch komplexe (literatur-)politische Fragen sprechen. Immer hellwach auf der Bühne, ist sie ebenso streitbar wie zugewandt und sieht genau dorthin, wo sich Literatur, Politik und Leben so verzahnen, dass es wehtut. Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren deshalb Marlene Streeruwitz als eine Autorin, die sich in besonderem Maße um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat.

Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015), Ulf Stolterfoht (2016), Terézia Mora (2017), Jaroslav Rudis (2018) und Antje Rávik Strubel (2019).

 

Preis der Literaturhäuser 2019

Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2019 der Autorin und Übersetzerin Antje Rávik Strubel. Die Art und Weise, wie Antje Rávik Strubel über Literatur spricht, mit analytischer Intensität und von changierenden Blickpunkten aus, macht jede Veranstaltung mit ihr zu einem unwiederholbar eigenen Ereignis. Auf uns, das Publikum, springen die Funken ihrer Gedankenwelt über, setzen sich fest und fort, ob sie nun über eigene Bücher spricht oder sich als Leserin oder als Übersetzerin (von Joan Didion, Favel Parrett, Lucia Berlin) in den Dienst anderer stellt.

Eine ganze Reihe eigenwilliger Roman- und Prosawerke, u.a. der Roman »Tupolew 134«, lagen bereits hinter ihr, als Antje Rávik Strubel mit »Kältere Schichten der Luft« den Grundstein für eine Roman-Trilogie legte, die mit »Sturz der Tage in die Nacht« fortgeführt und mit »In den Wäldern des menschlichen Herzens« vollendet wurde. Die drei Werke lösen Selbstentwürfe und Lebenslinien aus ihren festen Fügungen, zeichnen Realität jenseits von Gewissheit und offenbaren eine kühne Engführung von Natur und Körperlichkeit. Personen und Landschaften kommen und gehen, kommen wieder in neuer Gestalt, neuem Licht, in einem anderem Geschlecht, einem undefinierbaren Alter. Und dazwischen schlagartig der Windschutz, die Hosenträger, die Farben des Stechlin – Requisiten der Welt, die uns ins Leben rufen.

Antje Rávik Strubel auf dem Blauen Sofa im Gespräch mit Florian Höllerer und Matthias Hügle, © ReinerMnich
Antje Rávik Strubel auf dem Blauen Sofa im Gespräch mit Florian Höllerer und Matthias Hügle, © ReinerMnich
Antje Rávik Strubel bei arte im Gespräch mit Florian Höllerer, © ReinerMnich
Antje Rávik Strubel bei arte im Gespräch mit Florian Höllerer, © ReinerMnich
Die Preisträgerin Antje Rávik Strubel im Gespräch mit Anja Johannsen
Die Preisträgerin Antje Rávik Strubel im Gespräch mit Anja Johannsen
Die Preisträgerin Antje Rávik Strubel im Gespräch mit Anja Johannsen
Literaturhaus Hamburg, © Literaturhaus Hamburg
Literaturhaus Hamburg, © Literaturhaus Hamburg
Antje Rávik Strubel und Anna Bers im Literarischen Zentrum Göttingen, © Madita Oeming
Antje Rávik Strubel und Catherine Newmark im Literarischen Colloquium Berlin, © LCB
Andrea Zimmermann und Antje Rávik Strubel im Literaturhaus Basei, © Literaturhaus Basel

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Antje Rávik Strubel als eine Autorin, die sich in besonderem Maße um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat. Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015), Ulf Stolterfoht (2016), Terézia Mora (2017) und Jaroslav Rudiš (2018).

Preis der Literaturhäuser 2018

»Die große Lesereise war ein tolles Eisenbahnabenteuer, das auch mein Buchfreund Alois Nebel lieben würde. Danke für die schönen Lesungen und Begegnungen. Und auch für das Bier und die vielen Schnitzel!« Jaroslav Rudiš

Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2018 dem tschechischen Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor und Publizisten Jaroslav Rudiš. Der am 8. Juni 1972 im nordböhmischen Turnov geborene Autor studierte Germanistik, Geschichte und Journalistik in Liberec, Zürich und Prag, bevor er mit einem journalistischen Stipendium nach Berlin an die Freie Universität kam, wo sein Erstlingsroman »Nebe pod Berlínem« (2002; dt. »Der Himmel unter Berlin«, 2004) entstand, ausgezeichnet mit dem Jiří-Orten-Preis. Davor arbeitete Rudiš u.a. als Lehrer und Journalist. 2006 veröffentlichte der Prager Labyrint Verlag seinen zweiten Roman »Grandhotel«, der wieder zwei Jahre später auf Deutsch erschien und mit Jaroslav Rudiš in einer Nebenrolle verfilmt auch auf der Berlinale gezeigt wurde. Ab da erschienen fast jährlich Romane, die Eva Profousová ins Deutsche übersetzt hat, sowie zahlreiche Theaterstücke, Kino- und Fernsehfilme, Hörspiele, Opernlibretti und Essays in überregionalen deutschsprachigen Zeitungen.

Jedes neue Buch von Jaroslav Rudiš – zuletzt die Romane »Vom Ende des Punks in Helsinki« (2014) und »Nationalstraße« (2016, beide im Luchterhand Literaturverlag) – wird von der Kritik beachtet und in andere Sprachen übersetzt, z.B. ins Polnische, Schwedische, Französische, Spanische und Italienische. Zum jüngsten Roman »Nationalstraße« entstanden Theaterfassungen in Bremen und Dresden – die Filmfassung wird 2018 in die Kinos kommen, Rudiš schrieb dafür mit einem Co-Autor das Drehbuch.

Der tschechische Schriftsteller hat die tschechische und deutschsprachige Literatur in den vergangenen Jahren aber nicht nur mit seiner Prosa bereichert, große Aufmerksamkeit erregte er vor allem durch Crossover-Arbeiten. So erschien gemeinsam mit dem Künstler Jaromír Švejdík alias Jaromír 99 – in Tschechien als Rocksänger gefeiert – die Graphic Novel »Alois Nebel« (ursprünglich als Trilogie von 2003 bis 2005, auf Deutsch 2012 in einem Band bei Voland & Quist). Die gleichnamige Filmversion wurde als Bester Animationsfilm mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet (www.youtube.com). Ausgehend vom Literaturhaus Stuttgart entstand dazu ebenfalls 2012 eine Ausstellung, die in etlichen Literaturhäusern im deutschen Sprachraum gezeigt wurde und durch Europa tourte. Ein anderer Grenzgang führt den leidenschaftlichen Bahnfahrer und Bierkenner Rudiš immer wieder zur Musik. 2013 gründete er mit Jaromír 99 die Kafka Band. In Zusammenarbeit mit fünf der bekanntesten Rockmusiker Tschechiens wurde die CD zu Franz Kafkas Romanfragment »Das Schloss« eingespielt (www.youtube.com), es gab Konzerte in ganz Europa (von den Niederlanden bis in die Ukraine) und 2015 eine inszenierte Fassung am Theater Bremen. 2017 folgte mit Amerika eine weitere Kooperation mit dem Bremer Schauspiel-Ensemble (www.youtube.com).

Jaroslav Rudiš zeichnet in seinen Texten mit Ironie und feinem Gespür für die Alltagsängste der Menschen die Gesellschaft anhand von besonderen Typen, die häufig Opfer tragikomischer Ereignisse sind. Dabei begibt er sich gern in den Untergrund und an die Ränder von Orten, Zeiten und Leben, um einen umso schärferen Blick auf die Wirklichkeit zu werfen. So sind seine Bücher cool, witzig, kritisch, politisch, poetisch, widerständig, anti-bürgerlich, berührend und verführerisch – kurzum: literarischer Rock’n’ Roll.

Jaroslav Rudiš schreibt auf Tschechisch und Deutsch und spricht mehrere Sprachen. Er lebt als freier Autor in Berlin und in Lomnice nad Popelkou im Böhmischen Paradies, nahe der tschechischen Stadt Jičín, dem Geburtsort von Karl Kraus. 2014 wurde Rudiš als „wichtige tschechische Stimme im Konzert der europäischen Gegenwartsliteratur“ mit dem Usedomer Literaturpreis ausgezeichnet. Mit dem Preis der Literaturhäuser 2018 ist er hoffentlich endgültig in der deutschsprachigen Literatur angekommen. Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Jaroslav Rudiš für sein vielfältiges literarisches Werk und als Autor, der in öffentlichen Auftritten, in Lesungen und Diskussionen, als Musiker und in Crossover-Projekten das Publikum zu begeistern versteht.

Jaroslav Rudiš im Gespräch mit Tomas Friedmann am 16. März 2018 auf dem Blauen Sofa der Leipziger Buchmesse, © Reiner Mnich
Jaroslav Rudiš bei der Preisverleihung am 15. März 2018 im Literaturhaus Leipzig
Reiner Stach hält die Laudatio auf Jaroslav Rudiš am 15. März 2018 im Literaturhaus Leipzig
Tomas Friedmann verleiht Jaroslav Rudiš den Preis der Literaturhäuser 2018 am 15. März 2018 im Literaturhaus Leipzig
Jaroslav Rudiš und die Kafka Band am 15. März 2018 im Literaturhaus Leipzig
Jaroslav Rudiš im Gespräch mit Jan Drees am 28. Mai 2018 im Literaturhaus Frankfurt, © Literaturhaus Frankfurt
Jaroslav Rudiš im Gespräch mit Guy Helminger am 29. Mai 2018 im Literaturhaus Köln, © Literaturhaus Köln
Nicolas Mahler am 23. April 2018 im Literaturhaus Wien, © Literaturhaus Wien
© Literaturhaus Wien

Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015), Ulf Stolterfoht (2016) und Terézia Mora (2017).

Preis der Literaturhäuser 2017

Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2017 der Autorin und Übersetzerin Terézia Mora. Die 1971 in Ungarn geborene und heute in Berlin lebende Terézia Mora hat bislang ein Werk vorgelegt, das fraglos zum Aufregendsten und stilistisch Verblüffendsten gehört, was die deutschsprachige Gegenwartsliteratur zu bieten hat. In ihren – fast alle im Luchterhand Literaturverlag erschienenen – Büchern von »Seltsame Materie« (1999) über »Alle Tage« (2004) und den mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Roman »Das Ungeheuer« (2013) bis hin zu ihren jüngsten Erzählungen »Die Liebe unter Aliens« (2016) entwickelt sie unverwechselbare Sprach- und Erzählformen, die den Stoffen ihrer Texte einen individuellen, adäquaten Ton verleihen. Bestechend sicher wechselt sie die Register, verirrt sich nie im Wald der Metaphern und variiert den Rhythmus ihrer Sätze meisterhaft. Ihre Prosa, die oftmals in die Lebenssphären von Außenseiterfiguren hineintaucht und so die scheinbar eindeutige Bestimmung von »Normalität« hinterfragt, bildet auf unterschwellige Weise ab, was unsere Gesellschaft insgeheim erschüttert. Terézia Mora, die auch als Übersetzerin aus dem Ungarischen, vor allem der Werke Péter Esterházys, hervorgetreten ist, versteht es zudem, ihre Prosa auf beeindruckende, lange nachhallende Weise vorzutragen. Abende mit Terézia Mora schenken ihren Zuhörern unvergessliche Erfahrungen.

Terézia Mora im Gespräch mit Rainer Moritz, ARTE-Stand auf der Leipziger Buchmesse 2017 © Reiner Mnich
Terézia Mora im Gespräch mit Rainer Moritz, ARTE-Stand auf der Leipziger Buchmesse 2017 © Reiner Mnich
Terézia Mora und Rainer Moritz auf dem Blauen Sofa, Leipziger Buchmesse 2017 © Reiner Mnich
Terézia Mora und Rainer Moritz auf dem Blauen Sofa, Leipziger Buchmesse 2017 © Reiner Mnich
Sigrid Löffler hält die Laudatio auf Terézia Mora am 23. März 2017 im Literaturhaus Leipzig © Reiner Mnich
Terézia Mora im Literaturhaus Leipzig am 23. März 2017 © Reiner Mnich
Terézia Mora und Thomas Friedmann, Preisverleihung am 23. März 2017 im Literaturhaus Leipzig © Reiner Mnich

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Terézia Mora als eine Autorin, die sich in innovativer Form mit Sprache und Literatur auseinandersetzt und das Publikum in besonders gelungener Weise für diese zu gewinnen weiß. Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015) und Ulf Stolterfoht (2016).

Preis der Literaturhäuser 2016

Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2016 dem Lyriker, Übersetzer und Verleger Ulf Stolterfoht. Mit seinen Gedichtbänden, die aus den unterschiedlichsten deutschen Fachidiomen eine neue, nur ihm eigene poetische »Fachsprache« entwickelt haben, seinen poetischen Projekten, etwa dem ethnographischen Poem »Holzrauch über Heslach« oder dessen Fortschreibung in der kulturhistorischen Sektenfarce »neu-jerusalem«, den so vergnüglichen wie hintersinnigen »Ammengesprächen« mit einer Sprechmaschine hat Ulf Stolterfoht die Spielarten des gegenwärtigen Gedichts erheblich ausgeweitet. Wenn er nun unter dem Slogan »Schwierige Lyrik zu einem sehr hohen Preis – dann ist es Brueterich Press.«, selber Texte verlegt, die es ohne seine vermittelnde Intervention schwer hätten, zeugt dies von einer großen, so spielerisch wie verbindlich ausgelebten Verantwortlichkeit für die vielfältigen Möglichkeiten literarischen Sprechens. Dass er seine Texte auf unnachahmliche Weise vorträgt und dabei mit scheinbar leichthin eingestreuten Reflexionen über den Wert und höheren Unwert des Gedichts zu verbinden weiß, überzeugt auch jenen Teil des Publikums, der schlicht und einfach zuhört und nicht »immer Metaphyse im Sinn« hat.

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Ulf Stolterfoht als einen Autor, der sich in innovativer Form mit Sprache und Literatur auseinandersetzt und das Publikum in besonders gelungener Weise für diese zu gewinnen weiß. Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014) und Nicolas Mahler (2015).

Preis der Literaturhäuser 2015

Der Comiczeichner Nicolas Mahler, geboren 1969 in Wien, wird mit dem Preis der Literaturhäuser 2015 geehrt. Nicolas Mahler zählt zu den wenigen Comiczeichnern im deutschsprachigen Raum, die sich auch international etablieren konnten. In 25 Jahren hat Nicolas Mahler mehr als 50 Publikationen, fünf Trickfilme, zahlreiche Siebdruckeditionen und Hörspiele herausgebracht, in ganz Europa, in den USA und Kanada. Seine Zeichnungen erscheinen u.a. in der “Zeit”, der “Neuen Zürcher Zeitung” und der “Frankfurter Allgemeinen” sowie in der Satirezeitschrift “Titanic“. Neben seinen eigenen, zum Teil autobiografischen Werken, welche auch die Rezeption von Literatur und Graphic Novels thematisieren, hat er zuletzt durch seine bei Suhrkamp erschienenen Literaturadaptionen, z.B. von Robert Musils Mann ohne Eigenschaften und Thomas Bernhards Alte Meister für viel Aufsehen gesorgt. Diese stellen mit ihren höchst eigenständigen Interpretationen der sie anregenden Bücher, den reduzierten Zeichnungen und ihrem eigensinnigen Humor große Comic-Kunst dar. „Die Figuren von Nicolas Mahler haben keine Augen, keine Ohren, keine Münder – aber sie haben zweifellos Charakter. Stets gelingt es Mahler, mit minimalistischen Zeichnungen und marginalem Humor seine wenigen Striche auf den Punkt zu bringen. Dabei pendelt er virtuos zwischen banal, absurd und kafkaesk“, so hieß es in der Begründung für den Max und Moritz-Preis 2006. Veranstaltungen mit ihm sind von großem skurrilen Witz geprägt und ein intellektuelles Vergnügen.

Nicolas Mahler im Interview

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Nicolas Mahler als einen Autor, der sich in innovativer Form mit der Literatur auseinandersetzt und in sehr eigenständigen und kunstvollen Formen der Vermittlung das Publikum dafür zu gewinnen weiß.

Preis der Literaturhäuser 2014

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Judith Schalansky als eine Autorin, die sich in besonderem Maße um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat und selbst den Akt des Signierens zu einem künstlerischen Moment macht.

Ob mit ihrem “Atlas der abgelegenen Inseln”, ihren Romanen “Blau steht dir nicht” und “Der Hals der Giraffe” oder in den von ihr herausgegebenen „Naturkunde“-Bänden – beharrlich verficht Judith Schalansky die Überzeugung, dass sich jeder Text erst durch eine auf ihn zugeschnittene Gestaltung angemessen entfalte. Dadurch wird sie in Zeiten, da das „klassische“ Buch gern auf Abstellgleise geschoben wird, zur idealen Botschafterin eines – vermeintlich – überkommenen Mediums.

Dem Auftritt ihrer Bücher gemäß zeichnen sich deren Inhalte durch große Originalität und Einfallsreichtum aus. Wie die von ihr porträtierten (und selbstverständlich nie besuchten) entlegenen Inseln zu einem „Sammelplatz für alles Unerwünschte, Verdrängte und Abwegige“ werden, beweist sie in ihrem Erzählwerk einen derart genauen Blick für alles Abseitige und Verschrobene, dass zum Beispiel die Figur der Biologielehrerin Inge Lohmark (aus Der Hals der Giraffe) bereits jetzt zum Arsenal unvergesslicher literarischer Gestalten gehört, heißt es in der Begründung der Jury.

Judith Schalansky im Interview

Preis der Literaturhäuser 2013

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser Basel, Berlin, Graz, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Rostock, Salzburg, Stuttgart und Zürich ehren Hanns Zischler als einen Autor, der sich in besonderem Maße um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat.

“Einen berühmten Schauspieler dürfen wir den Mann von 66 Jahren nennen, der auf den Namen Hanns Zischler hört. Ihm, Hanns Zischler, dem Schriftsteller – oder müssen wir ihn Literaturforscher, Übersetzer, Fotografen, Verleger gar nennen? – verdanken wir den folgenreichen Hinweis darauf, dass der Kinogeher Franz Kafka angesichts der beschleunigten Dramatik der kinematographischen Lebensverläufe sich zurückverwiesen sah auf sein Ruhebedürfnis, das Beharren auf seiner Textarbeit als Selbstbehauptung ebenso wie als Widerstand gegen das erschreckende Tempo der Bilder. Die stereoskopischen Stadtansichten des Kaiserpanoramas in Friedland, die Kafka 1911 gesehen hat, erschienen ihm „lebendiger als im Kinematographen, weil sie dem Blick die Ruhe der Wirklichkeit lassen. Der Kinematograph gibt dem Angeschauten die Unruhe der Bewegung, die Ruhe des Blicks scheint wichtiger“.

Hanns Zischler versteht es mit seinen kulturhistorischen Büchern in vorzüglicher Weise, konzentriert, ruhig, extrem kenntnisreich und in anschaulicher Prosa Sachverhalte darzustellen, deren komplexe Natur er sich in akribischer Forschungstätigkeit angeeignet hat.So hat er nicht nur die Kafka-Leser und –Philologen auf die eminente Bedeutung des Films für dessen Haltung zu seinem eigenen Leben und Werk hingewiesen, den jungen Sprachlehrer James Joyce in Pola bei seinen ersten Schritten zu dem Schriftsteller hin beobachtet, der die Erzählliteratur des 20. Jahrhunderts revolutionieren sollte, und aus einem vergessenen Überseekoffer in den Depots des Naturkundemuseums Berlin, der achtzehntausend Falter aus dem kolumbianischen Hochland enthielt, Leben und Werk des Naturforschers Arnold Schultze rekonstruiert. In seinem neuesten Buch „Berlin ist zu groß für Berlin“ (Galiani Verlag Berlin), einer Text- Bild-Essay-Collage, hat der Spaziergänger Hanns Zischler der im Selbstlob verstiegenen Stadt ihre verborgene und verdrängte Topographie ins Gedächtnis gerufen.

In vielen unserer Häuser hat Hanns Zischler Texte anderer Autoren gelesen und unserem Publikum vorgeführt, wie anders sich Literatur anhört, wenn der Lesende bis ins kleinste Detail mit dem Inhalt dessen vertraut ist, das er ja „nur“ durch seine Stimme zum Sprechen bringen müsste. Aber er hat auch über Literatur, über Schriftsteller, Dichter und Filme so gesprochen, wie es einer tut, der von seinen alltäglichen Leidenschaften spricht“ so die Begründung der Jury.

W. G. Sebald, Literaturwissenschaftler und Schriftsteller, hat in einem Aufsatz Stichworte zu einer Laudatio auf Hanns Zischler geliefert; wiewohl sich diese lediglich auf dessen Verdienste um Franz Kafka beziehen, zitieren wir sie hier, denn sie gelten gleichermaßen für alle weiteren Bücher, Aufsätze und Vorträge: der vervielfachten Professionalität von Hanns Zischler: „Anders als die zünftigen Germanisten, deren verbohrte Untersuchungen regelmäßig umschlagen in eine Travestie von Wissenschaft, und anders auch als die an der Schwierigkeit Kafkas ihren höheren Scharfsinn erprobenden Literaturtheoretiker beschränkt Hanns Zischler sich auf den zurückhaltenden, nirgends über den Gegenstand eines Interesses hinausstrebenden Kommentar. Gerade diese nur am Sachlichen sich orientierende und keinerlei Erklärungsversuche sich erlaubende Zurückhaltung ist es, die, wie man jetzt in der Rückschau erkennt, die verdienstvollsten Kafka-Forscher auszeichnet.“

Preis der Literaturhäuser 2012

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser Berlin, Frankfurt, Graz, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Rostock, Salzburg, Stuttgart und Zürich ehren damit Feridun Zaimoglu als einen Autor, der sich in besonderem Maße um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat.

„Was Feridun Zaimoglu vorliest, es wird nicht beschrieben, es passiert – auf der Bühne, vor den Augen des Publikums. Mit unnachahmlicher Emphase schlägt Zaimoglu den Sätzen den Takt. Seine Romane – von Kanak Sprak über Leyla bis Ruß – mäandern zwischen analytischer Präzision und Liebesbrand’, greifen mit vollen Händen ins Grimmsche Wörterbuch und suchen nicht zu verbergen, dass auch das dramatische Schreiben zu den Leidenschaften des Autors zählt. Feridun Zaimoglu ist überdies ein streitbarer Gesprächspartner und ein Verfasser risikofreudiger Essays, etwa über „die Aufklärung als Opium der aufstrebenden Bürgerklasse“ oder über den „Kulturkampf in Deutschland“, über Kopftuch und Minarett. Insgesamt offenbaren sich in Zaimoglus Arbeiten gerade jene Personengruppen als besonders stimmhaft, die in der gegenwärtigen Gesellschaft, beziehungsweise in ihrem Rücken, nur schwer hörbar sind,“ heißt es in der Begründung der Jury.

Preis der Literaturhäuser 2011

Die Dichterin Elke Erb, geboren 1938 in Scherbach in der Eifel, erhält den diesjährigen Preis der Literaturhäuser. Das gaben die Programmleiterinnen und Programmleiter der Literaturhäuser Berlin, Frankfurt, Graz, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Rostock, Salzburg, Stuttgart und Zürich bekannt. Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) und Thomas Kapielski (2010).

Begründung der Jury

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Elke Erb als eine Autorin, die sich in besonderem Maße um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat. Elke Erbs Werk hinterlässt Spuren: im Leser, den die Gedichte zum Leben brauchen und den sie deshalb suchen, mit aller Kraft, im Zuhörer, den die schnörkellose Ansprache in den Bann schlägt, in den Büchern zahlreicher Dichterfreunde, der jüngeren ganz besonders, und in den eigenen Büchern, die sich kontinuierlich ins Wort fallen und in ihrem In- und Gegeneinander etwas Seltenes entstehen lassen, ein Gesamtwerk. Elke Erbs Werk ist ein lebenslanges Tagebuch, in dem das Artifiziellste sich als das Alltäglichste offenbart, Formstrenge sich als Anarchie, Derbheit sich als Feingefühl und das sich stets auch nach den ersten Blicken auf die Welt zurücktastet. Sie ist noch da heißt ein Gedicht des neuen Bandes meins (roughbooks 2010): »Dieser Tage habe ich erblickt, gefühlt & verstanden, / daß in meinem Schreib-Ich das Kind-Ich, / die Eifeler Ich-Person mitspricht. / Sie ist noch da, ich habe sie erblickt: / Kenntlich an Augen und Stirn.«

Preis der Literaturhäuser 2010

Der Schriftsteller Thomas Kapielski, 1951 in Berlin-Charlottenburg geboren, erhält den diesjährigen Preis der Literaturhäuser. Das gaben die Programmleiterinnen und Programmleiter der Literaturhäuser Berlin, Frankfurt, Graz, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Rostock, Salzburg, Stuttgart und Zürich bekannt.

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der Literaturhäuser ehren Thomas Kapielski als einen Schriftsteller, der in seinen Texten auf unverwechselbare Weise über die Welt nachdenkt und dieses Nachdenken zum Gegenstand seiner Bühnenauftritte macht.

Der „arme Mann von Charlottenburg“, wie sich Kapielski selbst einmal nannte, zählt zu den künstlerischen Mehrfachbegabungen. Abgesehen von seinem Wirken als Nasenflötist, arbeitet er als bildender Künstler und hatte von 1998 bis 2004 eine Professur an der Braunschweiger Hochschule für Bildende Künste inne. Dass ihn diese Einrichtung 2006 für tot erklärte, beeindruckte Kapielski wenig und hielt ihn nicht davon ab, sein literarisches Werk fortzuschreiben. Diese – mit Lichtenbergs Sudelbüchern verglichenen – Arbeiten nehmen sich alle Freiheiten, das sinnliche Gewirr der Gegenwart zu ertasten. Unerschrocken legt Kapielski einleuchtende „Gottesbeweise“ vor, dringt in den bundesdeutschen „Mischwald“ ein und begibt sich auf „Ortskunde“ in abseitige Landgemeinden wie Röllinghausen oder Kakerbeck. Geprägt von großem Beobachtungs- und Meinungsreichtum, mischen Kapielski Notate unterschiedlichste Text- und Bildformen und betrachten die Welt mit dem nötigem Ernst und der unverzichtbaren Komik. Ganz nebenbei gelingen Thomas Kapielski dabei Sentenzen wie „Ein Tag ohne Bier ist wie ein Tag ohne Wein“ – Sentenzen, die alle Chancen haben, in den Zitatenschatz des deutschen Bundesbürgers einzugehen.

Bei seinen Lesungen versteht es der engagierte Biertrinker Kapielski, die Offenheit seiner Texte in der Art seines Vortrags transparent zu machen. Letzte Gewissheiten gibt es nicht, und wo sich alle Welt der „Comedy“ hingibt, zeigt Kapielski, wie wichtig es ist, die Gedanken springen zu lassen, ehe man sie formuliert, und wie man nach Helmut Schön und Helmut Schmidt eine Schirmmütze auf elegante Weise trägt.

Preis der Literaturhäuser 2009

Der Schriftsteller Ilija Trojanow, 1965 in Bulgarien geboren, erhält den diesjährigen Preis der Literaturhäuser. Das gaben die Programmleiterinnen und Programmleiter der Literaturhäuser Berlin, Frankfurt, Graz, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Rostock, Salzburg, Stuttgart und Zürich bekannt. Ilija Trojanow ist der achte Preisträger der Literaturhäuser.

„Ilija Trojanows Werk, das aus Romanen, Reiseberichten, Anthologien, Essays und Filmbeiträgen besteht, lässt sich verstehen als eine einzigartige Sammlung von Beispielen und Modellen der Begegnung von Kulturen, die nicht unter dem Zeichen des Kampfes stattfindet. In seinen Lesungen, Vorträgen und Moderationen wird Ilija Trojanows emphatisches Verständnis der Begegnung von Menschen erlebbar. Ihm steht eine orientalisch anmutende Fabulierkunst ebenso zu Gebote wie eine aus der spirituellen Erfahrung und umfassender Menschenkenntnis gespeiste Weisheit; er beherrscht die erhellende, polemisch scharfe Pointe ebenso wie er das Geheimnis von Menschen und Geschichten zu wahren weiß. Dank all dieser Fähigkeiten wird für Ilija Trojanows Publikum Weltwissen und Weltliteratur präsent, dargeboten mit einem charismatischen Lächeln von einem unschätzbaren Künstler der Vermittlung.“

Preis der Literaturhäuser 2008

Anselm Glück hat seit gut dreißig Jahren ein umfangreiches literarisches Werk, bestehend aus Prosabüchern, Theaterstücken, Sprechtexten und einem Roman geschaffen, das er stets auch durch originelle eigene Präsentationsweisen vorzustellen wusste. Das selbst entworfene und choreographierte Ein-Mann-Theater des Anselm Glück führt dem Publikum Texte vor, in denen häufig der Versuch unternommen wird, ein unsicheres und bedrängtes Ich zu verstehen und zu erklären.

„Ich, alleine, mit rundum einem Universum drangepickt.“, heißt es in dem zuletzt erschienenen Roman „Die Maske hinter dem Gesicht“; und dieses Universum an gelingenden und fehlschlagenden Denk- und Lebensmöglichkeiten wird mit intelligenter Komik aufgefächert, betrachtet, kommentiert und verworfen.

Preis der Literaturhäuser 2007

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der Literaturhäuser Berlin, Hamburg, Frankfurt, Salzburg, München, Köln, Stuttgart und Leipzig ehren Sibylle Lewitscharoff als eine Schriftstellerin, die sich in besonderem Maß um das Gelingen von Literaturveranstaltungen verdient gemacht hat.

Sibylle Lewitscharoff ist eine große Autorin – scharfsinnig, kunstvoll, berauschend. Mit »36 Gerechte« (1994), »Pong« (1998), »Der höfliche Harald« (1999), »Montgomery« (2003) und »Consummatus« (2006) hat sie fünf Bücher geschrieben, die, so verschieden sie sind, ein unverwechselbares, eigenwilliges Gesamtwerk bilden. Sibylle Lewitscharoff ist eine Autorin, der man gerne zuhört. Das gilt, wenn sie liest und ihr Schwäbisch den schneeumwirbelten Chimären des Ralph Zimmermann leiht oder den Geisteserschütterungen des römischen Filmproduzenten aus Degerloch Montgomery Cassini-Stahl. Das gilt ebenso, wenn sie über Literatur spricht, über die eigene wie über fremde – in Gesprächen mit Schriftsteller kollegen, in Ausstellungseröffnungen, in Vorträgen und Diskussionen über Robert Walser, Arno Schmidt, Christian Friedrich Daniel Schubart, über Religion, Fußball, Geschichte oder Politik. Immer schlagen Sibylle Lewitscharoffs Auftritte das Publikum durch eine pointierte Liebe zum Detail und einen Hauch Anarchie in den Bann.

Preis der Literaturhäuser 2006

Die Programmleiterinnen und Programmleiter der Literaturhäuser Berlin, Hamburg, Frankfurt, Salzburg, München, Köln, Stuttgart und Leipzig ehren Uwe Kolbe als einen Autor, dessen Lesungen sich durch das gelungene Zusammenspiel von Textqualität, Vortragsart und Dramaturgie auszeichnen.

Der Lyriker, Essayist und Übersetzer Uwe Kolbe hat einen neuen Ton in die junge deutsche Literatur gebracht. Er erhob seine Stimme gegen die Verkrustungen der Macht, sprach öffentlich aus, was seine Generation bewegte, forderte das Publikum und wurde dafür von ihm gefeiert und verehrt. Als Übersetzer gelangen ihm kongeniale Übertra-gungen von Federico García Lorca, Geoffrey Hill oder zuletzt von Hwang Chi-Woo.

In seinem Vortrag macht Uwe Kolbe die Erfahrungen aus zwei Gesellschaftssystemen transparent, er bildet Wirklichkeit in ihrer Komplexität ab. “Hochgradige Irritation” sei “sein bestes Erbteil”, behauptet der Autor. Dank einer kritischen Sicht auf seine Umgebung, die sich Uwe Kolbe bewahrt hat, vermag er es, diese Irritation immer neu und berührend in Worte zu fassen. Er spielt meisterlich mit der Sprache und mit traditionellen Formen; er bricht sie auf, um seine Inhalte scheinbar leichtfüßig zu transportieren.

Zu seinen Publikationen zählen: Nicht wirklich platonisch, Gedichte (Suhrkamp 1994); Vineta, Gedichte (Suhrkamp 1998); Abschiede und andere Liebesgedichte (Suhrkamp 1999); Die Farben des Wassers, Gedichte (Suhrkamp 2001); Der Tote von Belintasch, Kriminalerzählung (Wunderhorn 2002); Thrakische Spiele, Kriminalroman (Nymphenburger 2005).

Preis der Literaturhäuser 2005

Michael Lentz, der die Geschichte der Lautpoesie in der zweibändigen Darstellung „Lautpoesie/-musik nach 1945“ erschlossen und parallel dazu den Kontakt und die Auseinandersetzung mit großen internationalen Performancekünstlern gesucht hat, gelang damit wie kaum einem zweiten Autor der Gegenwart, die Möglichkeiten der Lesung und des öffentlichen Auftritts auszuloten und zu erweitern.

Seine Auftritte sind wuchtige, präzise inszenierte, aber nie berechenbare Konfrontationen mit unser „Aller Ding“ Sprache. „Musikalisierung, Rausch, (Selbst)Überwindung, Sprechen als Trieb(leben), Vitalisierung, Sprechen als Sport, schneller als (begriffliches) (Mit)Denken sein (wollen), sich jung fühlen, Großstadtpotpourri der Laute; Ernst machen mit dem Gerede von Geschwindigkeit als alltägliche Erfahrung, Reflex dieser Erfahrung als ästhetisches Erleben, Brainstorming, Pulsieren, außer sich sein, aus seinem Munde hervorgehen, und der ‚Volksmund’ ist mitten drin; Erinnerung an meine Herkunft“. So bezeichnet Lentz selbst die Effekte und Erkenntnisse, die seine Lesungen vermitteln – auch ihm selbst vermitteln. Denn bei aller Virtuosität des Vortrages bleibt immer spürbar, dass Lentz jeden Auftritt als Herausforderung, als Anstrengung begreift, die es sich lohnt zu unternehmen. Und dies aus dem Bewußtsein heraus, dass durch jedes Detail, jede Abweichung von der (eigenen) Erwartung schöne, erhellende, peinliche, unbekannte Momente entstehen können. Momente, in denen die existentielle Dimension, die einer Lesung wie jeder anderen Sprechsituation innewohnt – ein Mensch versucht, mit den begrenzten Mitteln der Sprache etwas als vielsagend Empfundenes zu kommunizieren – auf eine selten intensive Art erlebbar wird.

Dafür, dass Lentz in seinen Auftritten und den ihnen zugrunde liegenden Texten Existentialität, Virtuosität, Risiko, Witz, Ideenreichtum und Formbewußtsein vermittelt, zeichnen ihn die Literaturhäuser Berlin, Hamburg, Frankfurt, Salzburg, München, Köln, Stuttgart und Leipzig mit dem Preis der Literaturhäuser 2005 aus.

Preis der Literaturhäuser 2004

Die Faszination entsteht in dem Moment, in dem man in das Labyrinth seiner Beobachtungen eintaucht: Mit disparaten, minutiösen Aufzeichnungen gelingt es Peter Kurzeck, Motive, Bilder, Augenblicke seines Lebens, Menschen in Kneipen und Wohngemeinschaften in einer offenen Erzählstruktur zu inventarisieren. Er kennt jeden Winkel, jede Straße der Stadt, in der er “als Gast” wohnt – mit einem Lebensgefühl, in dem das Gehen ein Lebenszustand ist.

Seit Jahren verknüpft und verschränkt Peter Kurzeck so seine mittlerweile neun Bücher zu einem einzigartigen monumentalen Erinnerungswerk und zu einem einzigen autobiographischen Zeitroman, der von der Nachkriegszeit bis in die achtziger Jahre, und geographisch von Staufenberg bei Gießen bis nach Frankfurt am Main reicht, zu dessen gründlichstem Beobachter er wurde – so auch in seinem neuen Buch “Ein Kirschkern im März”, das Ende März 2004 erscheint.

Eigentlich hatte er über das Jahr 1977 schreiben wollen, über den Terrorismus und den deutschen Herbst – dann meldeten sich aber all seine Erinnerungen an das Vergangene und Private zu Wort und Peter Kurzeck begann, bundesrepublikanische Wirklichkeit zu beschreiben: “Wenn ich mich nicht erinnere, ist der Tag nicht gewesen”. Hat ein Schriftsteller diese ungeheure immerwährende Protokollmanie, dann ist jede Beobachtung wichtig und jede Ruhe dahin – denn es soll keine natürliche Lücke in der Erinnerung eine Chance haben. Dafür braucht der Autor jeden Tag, jede Stunde und jedes Buch, das er schreibt.
Peter Kurzeck wurde – zu Recht – mit Proust, Joyce und Döblin verglichen, aber mit seiner eigenwilligen, schöpferischen Syntax gelingt ihm ein neuer, unverwechselbarer Umgang mit Literatur und Erinnerung. Die Programmleiter der Literaturhäuser würdigen so mit ihrem Preis an Peter Kurzeck eines der ungewöhnlichsten Zeitroman-Projekte der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.

Seine Schreibstrategie ist das konsequente Selbstgespräch in vielen Stimmen. “Unterwegs mit den Stimmen reden. Mit mir, mit dem Tag, mit den Umständen”, damit er weiß, so schreibt Peter Kurzeck, “wer er ist und daß er gewesen ist, der Tag”. Die dialogisierende, verknappte, temporeiche Sprache bildet einen mitreißenden Sog, wenn der Autor liest. Der Preis der Literaturhäuser gilt auch dieser Faszination des Vortrags. Der leicht zaudernde, gedehnte Ton und das Staunen in seiner Stimme verwandeln die Lesungen in einen langen inneren Monolog, und die Zuhörer tauchen ein in eine wiedergefundene Zeit. Kurzeck liest und die Zuhörer erleben die Vervollkommnung einer süßen Obsession. Und selten ist ein Vorleser so identisch mit seinem Text.

Preis der Literaturhäuser 2003

Bodo Hell – ein für viele noch und stets neu zu entdeckender Autor – erarbeitet seine Texte aus dem Material Sprache und thematisiert diese Sprachverarbeitung: in seiner Prosa, in radiophonen Texten (Hörspielen), in Essays, in Arbeiten für den Film und das (Musik-) Theater, in Lichtzeilen und (Foto-)Ausstellungen. Diese große Vielfalt, dieses interdisziplinäre Interesse, diese “Multimeisterschaft” wird nur einmal im Jahr unterbrochen, wenn Bodo Hell als Senner im Gebirge lebt und dort seiner “Jugendtugend” nachgeht, wie er seine besondere Beziehung zu den Bergen spielerisch nennt.

Der Preis der Literaturhäuser wird jährlich für das gelungene Zusammenspiel von Textqualität, Vortragsart, Ausführungen zum Text, Dramaturgie der Lesung (Textauswahl, Rekurs auf andere Künste, Einsatz anderer Medien) vergeben.
Bodo Hell ist ein Schriftsteller – vergleichbar mit Ernst Jandl, Gerhard Rühm oder H.C. Artmann -, dessen Texte oft erst durch ihre klanglich einnehmende Art und durch den konzentrierten Stil des Vortrags ihre größte Wirkung erreichen. Kritischer Sprachwitz, unterstützt und gelenkt vom Auftritt des Autors, seine Gestik und Mimik animieren über das Schmunzeln und Lachen hinaus zum Nachdenken, ja, fordern dieses heraus und fördern es zutage. Vortrag und Inhalt übertragen sich so in wunderbarer Weise auf das Publikum. Und dabei überrascht es immer wieder, welch starke Resonanz der Autor und seine Literatur bei unterschiedlichstem Publikum erzielen.

Helmut Heißenbüttel sprach im Zusammenhang mit Bodo Hells Buch “Stadtschrift” 1983 von “einem neuen Entwurf von Literatur”. Das gilt heute wie vor zwanzig Jahren. Bodo Hell war und ist ein ständiger Wegbereiter für neue Formen der Literatur, unverzichtbar wie ein Meisterkoch in der Hexenküche der Wirklichkeiten und Möglichkeiten. Bodo Hell erzählt nichts, was nacherzählt werden könnte. “Das macht es ja alles so schwierig”, sagte einmal Ernst Jandl, “und zugleich so interessant, nämlich seine Texte zu lesen und über sie zu sprechen.”

Bodo Hell ist ein über Jahre und Jahrzehnte unermüdlicher und konsequent arbeitender Dichter, Künstler und Musiker. Seine Musikalität zeigt sich nicht nur im Orgel- und Maultrommelspiel, sondern in der Rhythmisierung seiner (Prosa-)Texte. Über seine Texte und den Vortrag (samt kritischer Reflexion) hinaus zeichnet er sich als multimedialer Autor in einer multimedialen Zeit aus, wobei er mit den Versatzstücken dieser Welt spielt, sie ständig bricht und hinterfragt. Bodo Hells Literatur – oft ein “Dickicht von Beobachtungen und Gedanken” (Ernst Nef) – ist eine Literatur zum Zuhören.

Der Preis der Literaturhäuser

Die Literaturhäuser bieten der Vermittlung von Literatur aller Facetten ein Forum. Im Mittelpunkt steht dabei die ‚Rückübertragung’ von Literatur in das gesprochene Wort. Lesung und Vortrag ermöglichen nicht nur ein Live-Erlebnis – sie öffnen die Literatur auch für Diskussion und Diskurs. Der individuelle Vorgang des Schreibens bzw. Lesens gewinnt einen dialogischen, Öffentlichkeit stiftenden Charakter.

Um dieses Konzept zu stützen und nach außen hin zu vermitteln, vergeben die im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser einmal jährlich einen Literaturpreis. Der Preis geht an deutschsprachige Autorinnen und Autoren, die sich für neuartige Konzepte der Vermittlung von Literatur stark machen. Dabei sind die Möglichkeiten praktisch unbegrenzt. Sie reichen von der szenischen, musikalischen oder bildnerischen Darbietung von Literatur bis zur theoretischen Erläuterung literarischer Konzepte.

Der Preis der Literaturhäuser ist mit € 20.000,00 dotiert und mit einer Lesereise durch die Literaturhäuser des Netzwerks verbunden. Die Preisverleihung findet jeweils im Frühjahr auf der Leipziger Buchmesse statt.

Die Preisträger

2024: Fiston Mwanza Mujila · Sonderpreis an Claudia Dathe
2022: Sasha Marianna Salzmann
2021: Ingo Schulze
2020: Marlene Streeruwitz
2019: Antje Rávik Strubel
2018: Jaroslav Rudiš
2017: Terézia Mora
2016: Ulf Stolterfoht
2015: Nicolas Mahler
2014: Judith Schalansky
2013: Hanns Zischler
2012: Feridun Zaimoglu
2011: Elke Erb
2010: Thomas Kapielski
2009: Ilija Trojanow
2008: Anselm Glück
2007: Sibylle Lewitscharoff
2006: Uwe Kolbe
2005: Michael Lentz
2004: Peter Kurzeck
2003: Bodo Hell
2002: Ulrike Draesner

Preis der Literaturhäuser 2002

Die Programmleiter der Literaturhäuser haben Ulrike Draesner als eine Autorin kennengelernt, die ihre herausragenden Gedichte, Prosatexte und Essays auf stimmlich einnehmende Weise vorträgt und durch ihren Vortragsstil eine Konzentration vermittelt, die sich auf das Publikum überträgt.

In Publikumsgesprächen sowie in eigens für den öffentlichen Vortrag verfaßten Texten zeigt sich Ulrike Draesners Intention, Einblicke in die Entstehung ihrer Werke sowie deren literarische Kontexte zu geben. Dabei verzichtet Ulrike Draesner auf den literaturwissenschaftlichen Fachjargon, ohne die Komplexität aufzugeben, die nötig ist, wenn über avancierte Literatur relevant, pointiert, nachvollziehbar, intellektuell erlebnisreich gesprochen werden soll. Mit anderen Worten: Ulrike Draesner spricht mit den Mitteln der Literatur über Literatur.

Ihre Bereitschaft, diese Fähigkeit in den Dienst von Autoren-Kolleginnen und -Kollegen zu stellen, als literarische Übersetzerin, Dolmetscherin und Moderatorin aufzutreten, ist ein weiteres Zeichen für die Ernsthaftigkeit ihres Bemühens um die Vermittlung von Literatur.